Ein wegweisender Zukunftstag
Struktur, Kultur und Führung sind die Schlüsselfaktoren für soziale Nachhaltigkeit und ein gesundes vertrauensvolles Arbeitsumfeld. Der zweite Zukunftstag Berufliche Bildung der IHK führte dazu in Deggendorf den ganzen IHK-Bezirk zusammen.
Spannende Impulse, intensiver Austausch und HR-Verantwortliche, die sich für die Zukunft unserer Arbeitswelt interessieren und einsetzen: Der zweite Zukunftstag Berufliche Bildung brachte über 70 Ausbildungsleiter, Führungskräfte, Manager und HR-Verantwortliche sowie die Mitglieder des Berufsbildungsausschusses zusammen, um einen Blick auf zentrale Hebel für eine zukunftsfähige Organisation zu werfen. IHK-Vizepräsident Toni Fink nannte in seiner Begrüßung beunruhigende Zahlen aus dem aktuellen Arbeitsmarktradar der IHK: Tausende Arbeitskräfte werden künftig fehlen. Er appellierte an die Teilnehmer, unbedingt die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Nur mit guten Führungskräften und Mitarbeitern gelinge es, die Weichen für eine positive Zukunft der niederbayerischen Wirtschaft zu stellen.
Soziale Nachhaltigkeit ist Pflicht
Karl Heinz Friedrich, IHK-Bereichsleiter Berufliche Bildung und selbst zertifizierter Organisationsberater, beleuchtete in seinem Impulsvortrag zur sozialen Nachhaltigkeit und in einem interaktiven Workshop das Spannungsfeld Führung, Struktur und Kultur. Das System aus drei Hebeln beschreibt, wie diese Elemente im Zusammenspiel die Organisation beeinflussen. Die Struktur bezieht sich auf die organisatorische Aufstellung, Prozesse und Hierarchien, die festlegen, wie Aufgaben verteilt sind und wie die Zusammenarbeit gestaltet wird. Die Kultur umfasst die Werte, Normen und Überzeugungen, die in der Organisation vorherrschen und das Verhalten der Mitarbeiter sowie die Arbeitsatmosphäre prägen. Die Führung schließlich beschreibt die Art und Weise, wie Führungskräfte ihre Teams leiten, motivieren und entwickeln. Jeder Personalverantwortliche sollte sich laut Friedrich die Frage stellen: „Haben unsere Führungskräfte den Raum, den sie brauchen oder sind sie Getriebene, Gefesselte der Struktur?“ Soziale Nachhaltigkeit entstehe dort, wo Struktur Orientierung gibt, Führung Vertrauen lebt und Kultur Verantwortung ermöglicht. Oder als prägnanter Satz formuliert: Kultur zeigt sich im Verhalten, Struktur macht es möglich, Führung bringt es zur Wirkung.
Dass das Thema soziale Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, zeigt, dass es mittlerweile auch in Ausbildungsverordnungen verankert ist. Das bedeutet, dass bei der Gestaltung von Ausbildungsprogrammen und -richtlinien zunehmend darauf geachtet wird, soziale Aspekte wie Chancengleichheit, faire Behandlung und nachhaltige Entwicklung zu berücksichtigen. „Führungskräfte können die Strukturen verändern und sie können einen wesentlichen Beitrag leisten, Strukturen aufzubrechen, die nicht mehr zeitgemäß sind. Personalentwicklung fängt daher bei der Führung an und es ist immens wichtig, sich dafür Zeit zu nehmen“, so Friedrich.
Wichtig: psychologische Sicherheit
Magdalena Roth, HR-Expertin und Mentaltrainerin, sprach über „psychologische Sicherheit in Unternehmen“, also ein Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter sich sicher fühlen, ihre Meinungen, Ideen und Bedenken offen äußern können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu haben. Dadurch könnten Innovationen entstehen, Fehler würden eher angesprochen und die Mitarbeiter fühlten sich wertgeschätzt und motiviert. Psychologische Sicherheit ist somit ein wichtiger Faktor für eine positive Unternehmenskultur und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens.
Wichtig sei zunächst die eigene Haltung. Anstatt eines „ich kontrolliere alles, ich kann alles, ich weiß alles“, sei es wichtig, als Personalverantwortlicher ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen eigenverantwortlich denken und handeln können. Ebenso lohne ein Blick auf die Motivation. Jeder Mitarbeiter habe eine eigene Geschichte, eigene Vorstellungen und brauche individuelle Führung, so Magdalena Roth.
Besonders wichtig war der Rednerin, dass Personalverantwortliche auf ihre Sprache achten. „Eine wertschätzende Sprache kostet nichts und sie bewirkt sehr viel“, betonte sie. „Warum hast Du?“ oder „Du musst“ sollten Führungskräfte umgehend aus ihrem Wortschatz streichen, ebenso wie das Wort „Fehler“. Nachzufragen „Was war deine Überlegung bei dieser Entscheidung?” würde dagegen zu echtem Feedback führen und Trigger vermeiden. Roth appellierte an die Teilnehmer des Zukunftstages, sich drei Fragen zu stellen:
1. Wie gehe ich mit Unsicherheiten oder Fehlern um?
2. Was sende ich durch meine Worte aus?
3. Bin ich jemand, bei dem man ehrlich sein darf?
„Empathisch, mental stark, menschlich, mutig – so soll Führung gedacht werden, also Maßanfertigung statt Massenprodukt“, schloss die HR-Expertin.
Werkzeuge und praxisnahe Methoden erhielten die Teilnehmer in mehreren Workshops, in denen sie sich vernetzten und intensiv austauschten.